- Freitag, 28. Februar 2025
- 10:00–12:00
- Zeitzeugengespräch
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Studienzentrum
„In der Familie Sperling gibt es ein Kind, das nicht normal ist“
Zeitzeuginnengespräch mit Antje Kosemund
Antje Kosemund, geb. Sperling, wurde 1928 in einer politisch linken Familie in Hamburg geboren. Sie hatte neun Geschwister, unter ihnen die in ihrer Entwicklung eingeschränkte Irma. Bereits 1933 wurde ihr Vater von den Nationalsozialisten aus politischen Gründen verhaftet, für einige Wochen im Stadthaus inhaftiert und verhört und anschließend aus seinem Job entlassen. Die Familie hielt trotz ihrer Armut eng zusammen.
Nach der Denunziation durch eine Nachbarin und aufgrund des verheerenden Gutachtens eines Psychiaters, in dem dieser dem Kind Schwachsinn bescheinigte, wurde Irma Ende 1933 in die Alsterdorfer Anstalten eingewiesen, obwohl ihr zuvor im Kinderkrankenhaus Rothenburgsort eine positive Prognose bescheinigt worden war. Das Gutachten des Psychiaters habe dann Irmas Schicksal besiegelt, so Antje Kosemund heute. Ihre Mutter sei häufig krank und mit den anderen Kindern beschäftigt gewesen. Der Vater aber habe Irma ab und zu in Alsterdorf besucht, sei jedoch gewarnt worden, dass seine Besuche Irma gefährdeten, da er als politischer Gegner der Nazis galt. Unter den Geschwistern geriet Irma nach und nach in Vergessenheit. Anfang 1945 erhielt die Familie dann die Nachricht, dass sie in Wien verstorben sei. Nähere Angaben zum Tod des Kindes wurden nicht gemacht.
Ab 1982 machte sich Antje Kosemund auf die Suche nach Informationen zum Schicksal ihrer Schwester Irma sowie nach deren sterblichen Überresten, um sie in Hamburg bestatten zu können. Im Gespräch mit Marco Kühnert (KZ-Gedenkstätte Neuengamme) berichtet sie von ihren Recherchen zu Leben und Leiden Irmas in verschiedenen Anstalten und Kinderfach-abteilungen, darüber, was sie über Irmas Tod herausfand, sowie von ihren eigenen Bemühungen, die Überreste aller Euthanasie-Opfer würdig bestatten zu lassen.
Anmeldung und Information
Die Teilnahme am Zeitzeugengespräch ist kostenfrei, eine verbindliche Anmeldung für Gruppen und Einzelpersonen bis zum 21. Februar 2025 ist erforderlich. Kontakt: Ulrike Jensen, (Ulrike.Jensen@gedenkstaetten.hamburg.de, Tel. 040 428 131 519.