Dokumente, die Familiengeschichte erzählen
Die Geschichte einer Hamburger Familie
Harald Kröger berichtet, dass sein Großvater Richard Harder häufig auf dem Dachboden versteckt werden musste. Nicht nur galt er als „halbjüdisch“, er war auch noch als Kommunist bekannt. Genau wie seiner als jüdisch geltenden Mutter Henriette Harder wurde ihm eine Strafe auferlegt, weil er den obligatorischen Zweitnamen „Israel“ nicht rechtzeitig angenommen und keine „Judenkennkarte“ bei der Polizei beantragt hatte. Richard Harder wurde zudem in verschiedenen Betrieben im Hamburger Hafen während des Krieges zur Zwangsarbeit eingesetzt. Vor allem von der Arbeit in der Papiersackaufbereitungsfabrik trug er bis zum Ende seines Lebens schwere gesundheitliche Schäden. Henriette und Richard Harder entgingen einer Deportation. Auch wenn der Verfolgungsdruck im Verlauf des Krieges zunahm, schützte der Status des nicht-jüdischen Vaters und Ehemanns Ernst Harder zunächst davor.
Käthe Harder stammte aus einer Familie von Küstenfischern aus Dithmarschen. Richard Harder und sie heirateten 1934 in Hamburg. Die Tochter Gerda wurde 1930 geboren, der Sohn Ralf 1935. Nur ein Jahr darauf wurde Käthe Harder gegen ihren Willen zwangssterilisiert. Ein Erbgesundheitsgericht hatte so entschieden, nachdem sie vom Oberarzt am Jugendamt angezeigt worden war. Diese Zwangssterilisierungen richteten sich seit 1933 gegen Menschen, die der nationalsozialistischen Ideologie zufolge „eugenisch“ aus der „Volksgemeinschaft“ ausgegrenzt werden sollten. Diese vagen Verfolgungskategorien ließen den Ärzt*innen große Spielräume, willkürlich und sozialrassistisch begründet gegen unliebsame Menschen vorzugehen.
Nachlässe im Archiv der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte
Das Archiv der Stiftung sammelt Dokumente, Bilder und Objekte zur Geschichte des Nationalsozialismus und der nationalsozialistischen Verfolgung in Hamburg. Familiäre Nachlässe gehören zu den wichtigsten Beständen der Sammlung. Die in diesen Nachlässen gesammelten persönlichen Dokumente ermöglichen es, die Tätersicht der Behörden zu verlassen und die persönlichen Geschichten und Handlungsspielräume der verfolgten Personen in den Blick zu nehmen.
In diesem Sinne danken wir Harald Kröger nochmals ganz herzlich für seine Schenkung!