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26.01.2022

Zum Standort des Dokumentationszentrums denk.mal Hannoverscher Bahnhof

Pavillon am Gedenkort Hannoverscher Bahnhof

Nachdem das Hamburger Abendblatt am 16./17. Januar 2021 verkündete: „Wintershall Dea zieht in die HafenCity“, begannen vor einem Jahr die Debatten um den Standort des geplanten Dokumentationszentrums denk.mal Hannoverscher Bahnhof am Rande des Lohseparks.

Das Dokumentationszentrum wird die Deportationen von über 8.000 Jüdinnen und Juden, Romnja und Roma sowie Sintize und Sinti in Ghettos und Vernichtungslager zwischen 1940 und 1945 thematisieren. Die Benennung „Hannoverscher Bahnhof“ bezieht sich auf den historischen Bahnhof, der auf dem Gelände des heutigen Parks lag und von dem aus ein Großteil der Deportationszüge abfuhr. Als bekannt wurde, dass in den Obergeschossen des für die Ausstellung vorgesehenen Gebäudes ein Unternehmen einzieht, das im Nationalsozialismus in großem Maße Menschen zur Zwangsarbeit in der Kriegswirtschaft gezwungen hat, protestierten die Betroffenenverbände. In einem Mediationsverfahren, an dem die Stadt, der Investor, Wintershall Dea, die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte und die Verbände beteiligt waren, wurde nach einer Lösung gesucht. Genau ein Jahr nach dem Bekanntwerden des vom Investor geschlossenen Mietvertrags wurde nun am 17. Januar 2022 das Ergebnis der Mediation öffentlich bekannt gegeben: Das Dokumentationszentrum wird an einem anderen, zudem besser geeigneten Standort am Lohsepark als eigenständiges freistehendes Gebäude realisiert. Zum Prozess und zum Abschluss des Verfahrens hat sich die Stadt Hamburg in einer Pressemitteilung geäußert, in der alle Beteiligten zu Wort kommen.

Die Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte begrüßt die Einigung und die räumliche Trennung. Der Standort für ein solches Dokumentationszentrum ist eine sensible Frage und hat eine Symbolkraft, die über die Grenzen Hamburg hinaus wirkt. Im vergangenen Jahr erinnerte unsere Stiftung gemeinsam mit der Jüdischen Gemeinde, der Liberalen Jüdischen Gemeinde, der Rom und Cinti Union sowie dem Landesverein der Sinti in viel beachteten Gedenkveranstaltungen an die Deportationen. Wir bedanken uns bei allen Beteiligten für die konstruktive Zusammenarbeit und die Mitwirkung bei der Suche nach einer Lösung. Die Auseinandersetzungen haben die Arbeit unserer Stiftung und des Projektteams, das die Inhalte der Ausstellung erarbeitet, nun ein Jahr lang begleitet. Es war ein langes Jahr, in dem vieles ungewiss blieb. Für die Unterstützung bedanken wir uns auch bei den in unserem Beirat vertretenen Organisationen, bei der Fachkommission und beim Stiftungsrat, namentlich bei seinem Vorsitzenden Senator Dr. Brosda.

Wir hoffen nun auf einen erfolgreichen Fortgang des Projekts. Mit den Umplanungen wird sich auch die für 2023 geplante Eröffnung des Dokumentationszentrums um drei Jahre verschieben, denn der Bau des neuen Gebäudes erfordert einen neuen Planungs- und Realisierungsprozess. In der Zeit bis zur Eröffnung, die nun für 2026 geplant ist, wird das Projektteam mit Teilausstellungen, digitalen und künstlerischen Präsentationen sowie Veranstaltungen zur Geschichte der Deportationen, ihren Voraussetzungen und Folgen Ausschnitte aus den Inhalten des Dokumentationszentrums öffentlich vorstellen.

Zu begrüßen ist aber auch, dass die Firma Wintershall Dea AG sich weiter mit der NS-Geschichte des Unternehmens auseinandersetzen und die Aufarbeitung nutzen wird, um Impulse für die eigene Unternehmenskultur zu setzen. Ein Fortbildungsprogramm und weitere Initiativen sind geplant. Es ist ein gutes Zeichen, dass der Konflikt um den Standort des Dokumentationszentrums denk.mal Hannoverscher Bahnhof in viele Richtungen nach innen und außen auf die Debatte um eine angemessene Gedenkkultur in Hamburg eingewirkt hat.

Blumen zur Erinnerung am denk.mal Hannoverscher Bahnhof
Lageplan des Dokumentationszentrums
Namenstafeln am denk.mal Hannoverscher Bahnhof