Wir trauern um Dr. Hans Gaertner
Hans Gaertner wurde 1926 in Hamburg geboren. Auf der Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung emigrierte die jüdisch-tschechoslowakische Familie in die Tschechoslowakei, die jedoch schon im darauffolgenden Jahr vom Deutschen Reich besetzt wurde. Nachdem Hans Gaertners Vater 1941 in das Ghetto Minsk deportiert und dort ermordet wurde, gelang Mutter und Bruder die Flucht in die Schweiz. Hans Gaertner selbst wurde im Jahr 1942 im Alter von 16 Jahren in das Ghetto Theresienstadt deportiert, von wo aus er im Dezember 1943 ins KZ Auschwitz kam.
Dort litt Hans Gaertner unter entwürdigender und kräftezehrender Zwangsarbeit. Vom Lager Schwarzheide aus, einem Außenlager des KZ Sachsenhausen, in das Hans Gaertner zwischenzeitlich überstellt worden war, wurde er im April 1945 auf einen 17-tägigen Todesmarsch geschickt und erlebte die Befreiung am 8. Mai 1945.
Als freier Bürger kehrte Hans Gaertner nach Prag zurück, wo er 1950 sein Jura-Studium als Dr. jur. abschloss. In den kommenden Jahrzehnten ließ er sich zwischenzeitlich in der Schweiz und in Deutschland nieder, bevor er 1989 im Anschluss an die „samtene Revolution“ nach Prag zurückging.
Hans (dann Hanuš) Gaertner war als Journalist und Übersetzer von tschechischer Literatur ins Deutsche tätig. Er engagierte sich für das Gedenken an die NS-Verbrechen, war Vorsitzender des Verbandes der ehemaligen Gefangenen des Konzentrationslagers Schwarzheide. 2017 nahm Hans Gaertner an der Eröffnung des Gedenkortes Hannoverscher Bahnhof hier in Hamburg teil. Darüber hinaus wirkte er an dem Dokumentarfilm „Resilienz. Szenen aus dem Leben von Hans Gaertner“ des Filmemachers Jorge Sanchez Calderon mit, der eindrücklich von Hans Gaertners Erlebnissen während des Holocaust sowie deren Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen seiner Familie erzählt. Für den Film reiste er an die Orte seines Leidens. Aus Gesprächen zwischen Großvater, Vater, Tochter und Enkeln entstand das Bild einer Familiengeschichte, die von den Erfahrungen im Nationalsozialismus mitgeprägt ist.
Im Jahr 2016 war Hans Gaertner im Studienzentrum der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zu Gast und berichtete in einem Zeitzeugengespräch von seiner Geschichte. Wir sind dankbar dafür, dass er seine Erfahrungen mit uns und für die Nachwelt teilte.
Unser tiefempfundenes Mitgefühl gilt Hans Gaertners Angehörigen.
Zeitzeugengespräch (Video; tschechisch mit englischer Übersetzung)