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01.12.2016

„Risse“ – Gedenken am Bullenhuser Damm

Installation "Risse" von Alexandra Krichevski

Eine neue Kunstinstallation des Ästhetik-Profils des Charlotte-Paulsen-Gymnasiums wurde am vergangenen Dienstag feierlich in der Gedenkstätte Bullenhuser Damm eröffnet. Die Installation wird noch bis Mai 2017 zu sehen sein.

Vor über 70 Jahren – im November 1944 – kamen 20 jüdische Kinder aus dem  KZ Auschwitz im KZ Neuengamme an. An den Kindern wurde medizinisch experi­mentiert. Um diese Men­schen­versuche zu vertuschen, wurden die Kinder und ihre vier Betreuer zusammen mit weiteren KZ-Häftlingen am 20. April 1945 in einem leer stehenden Schulgebäude in Hamburg-Rothenburgsort ermordet.

Heute befindet sich in diesem ehemaligen Schulgebäude eine Gedenkstätte. Gedenkstätten als Orte der Erinnerung, der Mahnung und des historischen Lernens sollen auch aktuellen Formen der Erinnerung Platz bieten. Die KZ-Gedenk­stätte Neuengamme lädt regelmäßig Jugend­liche ein, sich intensiver mit dem Ort und der Bedeutung von Gedenken auseinander­zusetzen und eigene künstlerische Formen der Erinnerung zu entwickeln. Dabei kooperierte die Gedenkstätte in diesem Jahr mit dem Ästhetik-Profil des Charlotte-Paulsen-Gymnasiums unter Leitung der Lehrerinnen Frau vom Bruck (Geschichte) und Frau Bindemann (Kunst). Schülerinnen und Schüler der Profilklasse übersetzten Gedenken in eine moderne Sprache. Sie ließen Symbole sprechen und entwickelten eigene Instal­lationsideen. Eine Jury, die u.a. aus Vertreterinnen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, des Freundeskreises der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und der Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm e.V. bestand, wählte den Entwurf von Alexandra Krichevski zur Realisierung aus.

Bei der Installation mit dem Namen „Risse“ wurden Keilrahmen mit blauem Stoff bezogen, auf dem die Namen der zwanzig ermordeten jüdischen Kinder stehen. Darüber wurde ein weiterer Stoff angebracht, der Löcher und Risse aufweist, somit sind die Namen der Kinder noch zu lesen. Damit bezieht sich die Gruppe auf einen jüdischen Trauerbrauch, die Kria. In der jüdischen Tradition bedeutet das Zerreißen der Kleidung, dass sie ihrer Trauer über einen verstorbenen Menschen Ausdruck geben. Der zerrissene Stoff symbolisiert die Risse in ihren Herzen. Die Schülerinnen sagen, dass sich ihre Installation diesem jüdischen Brauch widmet. Jeder Besucher ist aufgefordert, den Stoff weiter einzureißen und damit persönlich Trauer zu zeigen.

Zwei Klassen des Charlotte-Paulsen-Gymnasium waren am 29. November zur Gedenkstätte Bullenhuser Damm gekommen, um das Kunstwerk einzuweihen. Nach einer kurzen Begrüßung und Einführung in die Geschichte des Ortes wurde die 9. Klasse von Mitschülerinnen und Mitschülern der Profilklasse durch die Ausstellung geführt, während die Schülerinnen und Schüler der Studienstufe gemeinsam mit Ulrike Jensen von der KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Mitgliedern des Freundeskreises der Gedenkstätte sowie der Vorsitzenden der Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm über die Geschichte des Ortes und der Menschen, die dort ermordet wurden, sowie über den schwierigen Kampf um eine Gedenkstätte vor Ort diskutierten, bevor auch sie dann die Ausstellung und das Kunstwerk besichtigten. Alle Anwesenden äußerten sich sehr zufrieden mit der Veranstaltung. Das Kunstwerk „Risse“ wird bis zum Mai 2017 in der Gedenkstätte hängen und kann während der Öffnungszeiten der Gedenkstätte (sonntags 10-17 Uhr) besichtigt werden.

Schülerinnen und Schüler führen durch die Ausstellung und erklären die Installation
Die Ästhetische Profilklasse des Charlotte-Paulsen-Gymnasiums