Ode an den abwesenden Vater. Bericht über ein Angehörigengespräch mit Jean-Michel Gaussot
Aufwendige Recherche der eigenen Familiengeschichte
Jean-Michel Gaussots Vater wurde 1944 wegen Widerstandstätigkeiten im besetzten Frankreich festgenommen. Zunächst wurde er in das Konzentrationslager Neuengamme deportiert. Von dort kam er in das Außenlager Fallersleben-Laagberg in Wolfsburg und später in das Auffanglager Wöbbelin. In seinem Buch „Ode an den großen Abwesenden, der mich niemals verlassen hat“ rekonstruiert Jean-Michel Gaussot anhand von Briefen, Kalender-Einträgen, Erzählungen und Archivrecherchen nicht nur die Geschichte seines Vaters, sondern auch die seiner Mutter Hélène Gaussot, die hochschwanger und mit einem Kleinkind im besetzten Paris zurückblieb. Trotzdem fand sie die Kraft, nach dem vermissten Ehemann zu suchen und ihm immer wieder Briefe und Pakete zu senden, auch wenn diese nur selten ankamen, während er den fatalen Bedingungen in den verschiedenen Konzentrationslagern ausgesetzt war. Jean Gaussot verstarb kurz vor der Befreiung im KZ-Auffanglager Wöbbelin.
Engagement für das Gedenken
Jean-Michel Gaussot, der während der KZ-Haft seines Vaters geboren wurde, engagiert sich seit langem für ein würdiges Gedenken an die Geschichte des KZ Neuengamme und hält so auch die Erinnerung an das Schicksal seines Vaters wach. Daher ist es ihm auch wichtig, seine Familiengeschichte jungen Menschen zu berichten. An die Schüler*innen des Louisen-Gymnasiums richtete er zum Abschluss des Gesprächs die Botschaft, zusammenzustehen und sich gemeinsam gegen Hass und für Menschlichkeit einzusetzen.
Für die Schüler*innen wurde die Geschichte des Vaters besonders greifbar, als Jean-Michel Gaussot die kleine Erkennungsmarke mit eingestanzter Häftlingsnummer seines Vaters aus dem KZ herumgehen ließ, den einzigen Gegenstand, den Jean-Michel Gaussot aus der KZ-Zeit seines Vaters heute noch in Händen halten kann.
Genau diese Erkennungsmarke interessierte die Schüler*innen sehr. Sie wollten vor allem wissen, wie genau und von wem er sie erhalten hatte. Auch fragten sie danach, ob seine Schwester noch persönliche Erinnerungen an den Vater habe und wie es für ihn gewesen sei, das erste Mal in die KZ-Gedenkstätte Neuengamme zu kommen.
Wir bedanken uns sehr herzlich bei Jean-Michel Gaussot für das öffentliche Teilen seiner Familiengeschichte.