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20.11.2020

Jewgenij Malychin gestorben

Jewgenij Malychin auf der Gedenkfeier in Neustadt/Holstein am 3. Mai 2018

Heute erhielten wir die traurige Nachricht, dass unser Freund Jewgenij Malychin am frühen Morgen im Alter von 96 Jahren in Charkow/Ukraine verstorben ist.

1924 geboren wurde er 1942 zur Zwangsarbeit nach Bremen deportiert. Nach einem misslungenen Fluchtversuch wurde er ins KZ Neuengamme, von dort ins Außenlager Wittenberge und nach einiger Zeit zurück ins Stammlager Neuengamme gebracht. Am 3. Mai 1945 überlebte Jewgenij Malychin die irrtümliche Bombardierung der Häftlingsschiffe in der Neustädter Bucht durch die Royal Air Force, der Tausende KZ-Häftlinge zum Opfer fielen. Er kehrte in die Ukraine zurück. Immer wieder erzählte er seinen Kindern, Enkeln und Urenkeln von der Katastrophe, „damit sie es nicht vergessen.“

Häufig reiste Jewgenij Malychin auf Einladung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme nach Hamburg und Neustadt, um seiner getöteten Kameraden zu gedenken und die Erinnerung an sie und an die Schiffskatastrophe wachzuhalten. Dabei sprach er auch auf der Gedenkveranstaltung in Neustadt. 2015 betonte er „Vor 70 Jahren konnten wir, die Häftlinge des KZ Neuengamme, uns gar nicht vorstellen, dass wir irgendwann die Möglichkeit bekommen würden, den Tausenden unserer verstorbenen Kameraden würdevoll zu gedenken.“ Vier Jahre später, am 3. Mai 2019, schloss er seine Rede mit den Worten: „Wir müssen alles tun, damit die junge Generation etwas über die Gräueltaten des Zweiten Weltkriegs erfährt. Damit sie sich immer erinnern und den Frieden bewahren“

Nicht nachzulassen, sich unermüdlich gegen das Vergessen zu engagieren und für die Zukunft zu erinnern – das sah Jewgenij Malychin als seine Verpflichtung gegenüber seinen umgekommenen Kameraden an. Im Mai 2020 hatte er wieder nach Deutschland reisen wollen, die Corona-Pandemie durchkreuzte diese Pläne.

Wir trauern um Jewgenij Malychin und werden ihn als einen ruhigen, aufrechten und bescheidenen Menschen in Erinnerung behalten, den die traumatische Erfahrung des Untergangs der Häftlingsschiffe Zeit seines Lebens nicht losließ. Wir werden ihn vermissen! Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.