„Ich war zurückgekommen. Allein.“ – Kriegsende und Befreiung 1945 aus Sicht von Hamburger Überlebenden der NS-Verfolgung

„Doch als wir die Grenze der Stadt erreicht hatten, lösten die vertrauten Straßen Schmerz und Zorn in mir aus. Ich war zurückgekommen. Allein.“
Diesen Satz schrieb die Hamburgerin Cecilie Landau, später Lucille Eichengreen, in einem Erinnerungsbericht im Jahr 2009. Darin schildert sie die schwierige Rückkehr nach Hamburg nach ihrer Befreiung im KZ Bergen-Belsen im April 1945.
Die damals 20-jährige Cecilie hatte das Ghetto Litzmannstadt und zahlreiche Konzentrationslager überlebt. Im Oktober 1941 war sie mit ihrer Familie aus Hamburg in das Ghetto Litzmannstadt deportiert worden. Ihre Mutter Sala verhungerte 1942 im Ghetto, ihre jüngere Schwester Karin wurde von der SS im Vernichtungslager Kulmhof ermordet. Ihren Vater Benjamin verlor Cecilie bereits 1940 im KZ Dachau. Nach ihrer Befreiung im KZ Bergen-Belsen am 15. April 1945 kam Cecilie kurzzeitig nach Hamburg zurück. Nach Morddrohungen verließ sie Ende 1945 die Stadt und zog in die USA. Bis zu ihrem Tod im Jahr 2020 setzte sich Lucille Eichengreen entschieden für die Aufarbeitung von NS-Verbrechen ein.
Open-Air Ausstellung zu Kriegsende und Befreiung
Das Zitat von Lucille Eichengreen ist eine von sechs Aussagen Hamburger Überlebender der NS-Verfolgung über das Kriegsende 1945, welche in einer künstlerischen Open-Air Ausstellung am Gedenkort „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“ gezeigt werden. Illustriert werden diese Stimmen durch Zeichnungen von Paula Mittrowann.
Zwischen 1940 und 1945 wurden über 8.000 Jüdinnen und Juden, Sintize, Sinti, Romnja und Roma aus ganz Norddeutschland über den Hannoverschen Bahnhof in Hamburg in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslager ins östliche Europa verschleppt. Der Großteil von ihnen wurde ermordet. Die Befreiung durch die Alliierten erlebten die Überlebenden an unterschiedlichen Orten und Zeitpunkten: in Konzentrationslagern, auf Todesmärschen, im Versteck, in Hamburg oder im Exil, wohin sie vor der Deportation geflüchtet waren. In der temporären Außenausstellung „Ich war zurückgekommen. Allein.“ schildern Überlebende, wie sie ihre Befreiung oder ihre Rückkehr nach Hamburg erlebten. Sie berichten von Freude und Erleichterung, von Trauer und Existenzsorgen und von fortgesetzter Ausgrenzung und Diskriminierung.
Die Installation ist Teil einer Reihe von Interventionen, die bis zur Eröffnung des Dokumentationszentrums „denk.mal Hannoverscher Bahnhof“ am Gedenkort im Lohsepark gezeigt werden. Eine kostenlose Broschüre mit weitergehenden Informationen gibt es zum Download oder zu den Öffnungszeiten (täglich 12–18 Uhr von April bis Oktober) im Infopavillon am Lohseplatz.
[Broschüre folgt]
Johanna Schmied/ Karin Heddinga