Besuch der Nachkommin Barbara Maass am Gedenkort denk.mal Hannoverscher Bahnhof
Mahnmal im Bremen
Wenige Tage vor ihrem Besuch in Hamburg hatte Barbara Maass bei der Einweihung eines Mahnmals in Bremen gesprochen, das an die Beraubung europäischer Jüdinnen und Juden durch deutsche Firmen, Behörden und Bürger*innen im Nationalsozialismus erinnert. Das Mahnmal befindet sich in Sichtweite zum Bremer Standort des Logistik-Unternehmens Kühne+Nagel, das im großen Stil vom Transport des Hausrats profitierte, den die Verfolgten in den besetzten Gebieten Westeuropas zurücklassen mussten.
Das Schicksal der Familie Maass im Nationalsozialismus
Darüber hinaus hat die Familie Maass auch eine sehr konkrete historische Verbindung zu Kühne+Nagel: Adolf Maass hatte in der Bremer Firma seine Ausbildung gemacht. Ab 1902 baute er deren Hamburger Niederlassung auf, 1910 wurde er Teilhaber. 1911 heiratete er Käthe Elsbach, die aus einer erfolgreichen westfälische Unternehmerfamilie stammte. Das Paar bezog eine Villa in der Blumenstraße in Winterhude, bis 1918 wurden drei Kinder geboren.
Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme veränderte die Situation der Familie sich radikal: Bereits im April 1933 wurde Adolf Maass aus der Firma gedrängt; kurz darauf traten die Gebrüder Kühne – nunmehr Alleineigentümer – der NSDAP bei. Im Zuge des Novemberpogroms 1938 wurde Adolf Maass verhaftet und mehrere Wochen im KZ Sachsenhausen festgehalten.
Während die Kinder bis Ende 1938 ins Ausland flüchten konnten, gelang es Adolf und Käthe Maass nach Kriegsbeginn nicht mehr, das Land zu verlassen. 1941 mussten sie ihre Villa verkaufen und sich in einem „Judenhaus“ einquartieren; bald darauf erhielten sie den Deportationsbefehl.
Die Söhne der Familie kämpften im Zweiten Weltkrieg aufseiten der Alliierten. Gerhart („Gerry“) Maass, der Vater von Barbara Maass, war bei Kriegsende als Soldat der kanadischen Armee in Oldenburg stationiert und kehrte 1946 nach Montréal zurück.
Besichtigung der Erinnerungstopographie im Lohsepark in Hamburg
Bei ihrem Besuch am Gedenkort im Lohsepark wurde Barbara Maass nicht nur von ihrem Ehemann Jean St-Amant begleitet, sondern auch von Henning Bleyl und Evin Oettinghausen, die das Bremer Mahnmal mitinitiiert haben. Aus Hamburg stieß die Bürgerschaftsabgeordnete Ulrike Sparr dazu, die Stolpersteine für Adolf und Käthe Maass erwirkt hat. Außerdem fanden sich zwei Redakteure des Blogs Untiefen. Stadtmagazin gegen Hamburg ein, die sich in den vergangenen Jahren intensiv mit den Geschäften von Kühne+Nagel im Nationalsozialismus beschäftigt haben.
Johanna Schmied und Cornelia Siebeck vom Team denk.mal Hannoverscher Bahnhof zeigten den Besucher*innen die Erinnerungstopographie im Lohsepark und die aktuelle Foto-Installation „Nicht nur ein Denkmal“. Außerdem erläuterten sie den ebenso langjährigen wie hindernisreichen Werdegang des künftigen Dokumentationszentrums, das sich der Geschichte der Deportationen aus Hamburg und Norddeutschland sowie deren anhaltender Relevanz für die Gegenwart widmen wird.
Beim gemeinsamen Kaffee in der nahe gelegenen Oberhafenkantine zeigte Barbara Maass sich beeindruckt von den bisherigen Bemühungen um das Gedenken und gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dass das Dokumentationszentrum denk.mal Hannoverscher Bahnhof am neuen Standort wie geplant Mitte 2026 eröffnen kann.
Bericht: Cornelia Siebeck